Beschäftigtendatenschutz in Zeiten des Corona-Virus
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Derzeit überschlagen sich die Ereignisse – in der Welt, in Europa, in den Nachbarländern. Zu Recht stellen sich nun auch Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz - sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich - die Frage, wie sie der Gefährdungslage angemessen gegenübertreten können. Dabei ist nachvollziehbar, dass sie ihre Unternehmen oder Behörden weitestgehend funktionsfähig halten und auch das Wohl ihrer Mitarbeiter dabei nicht aus den Augen verlieren wollen.
Trotz der sich zuspitzenden Verhältnisse gilt es aber, Ruhe zu bewahren und die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Krisenmanagement im Blick zu behalten. Ein durchaus bedeutender Aspekt ist in diesem Zusammenhang der Beschäftigtendatenschutz.
Vielerorts beabsichtigten Arbeitgeber bereits, bei Beschäftigten Messungen der Körpertemperatur vorzunehmen oder Fragebögen auszugeben, in denen betroffene Personen mitteilen sollen, ob sie in den letzten Wochen eine Reise beispielsweise nach Italien oder China unternommen haben und Erkältungsanzeichen verspüren.
Bei den durch diese Vorgehensweisen generierten personenbezogenen Daten handelt es sich um Gesundheitsdaten. Dies sind besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DS-GVO und damit besonders schutzwürdig. Aus diesem Grunde sind die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung solcher Daten gestellt werden, erhöht.
Im Beschäftigtendatenschutz muss sich ein Datenverarbeitungsvorgang im nicht-öffentlichen Bereich zunächst an § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG und im öffentlichen Bereich an § 20 Abs. 1 S. 1 LDSG messen lassen. Handelt es sich jedoch wie vorliegend um besondere Kategorien personenbezogener Daten, sind diese Verarbeitung explizit gestattende Rechtsgrundlagen zu beachten.
Im nicht-öffentlichen Bereich ist dies Art. 9 Abs. 2 lit. b DS-GVO i. V. m. § 26 Abs. 3 BDSG. Danach ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses unter anderem zulässig, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt.
Im Landesrecht trifft § 20 Abs. 3 LDSG eine ähnliche Regelung unter zusätzlicher Erwähnung der Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Beamtenrecht, der Gesundheitsvorsorge und der Arbeitsmedizin.
In beiden Fällen sind solche rechtlichen Pflichten im konkreten Zusammenhang zuvörderst die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder des Dienstherrn. Von der Erforderlichkeit einer Datenverarbeitung – in diesem Fall in Form der Erhebung – kann dann gesprochen werden, wenn die personenbezogenen Daten für die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle unabdingbar sind. Dies ist wiederum der Fall, wenn die Aufgabe ohne die Kenntnis der Information nicht, nicht rechtzeitig, nur mit unverhältnismäßigem Aufwand oder nur mit sonstigen unverhältnismäßigen Nachteilen erfüllt werden kann.
Möchte der Arbeitgeber nun das Betreten der Räumlichkeiten des Unternehmens oder der Behörde durch die Beschäftigten davon abhängig machen, dass diese zunächst ihre Körpertemperatur erfassen lassen, ist von einer Erforderlichkeit nicht auszugehen.
Es sollte festgehalten werden, dass die reine Tatsache, dass eine erhöhte Körpertemperatur zu verzeichnen ist, noch nicht automatisch den Schluss auf das Vorliegen einer Corona-Erkrankung zulässt. Umgekehrt muss sich eine bereits bestehende Corona-Erkrankung nicht zwangsläufig durch eine erhöhte Körpertemperatur zu erkennen geben. Daher ist bereits an der Geeignetheit der Körpertemperaturmessung zu zweifeln.
Dem Arbeitgeber oder Dienstherrn stehen zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, seiner Fürsorgepflicht nachzukommen, beispielsweise durch das Anbieten von Heimarbeit, sodass ein Betreten des Gebäudes durch Beschäftigte entbehrlich wird. Sollte die Präsenz der Beschäftigten am Arbeitsplatz erforderlich sein, ist es vorzugswürdig, wiederholt darauf hinzuweisen, dass bei Verspüren von grippalen Symptomen ein Arzt aufzusuchen ist, um den Gesundheitszustand abklären zu lassen.
Weiterhin kann der Besuch beim Amts- oder Betriebsarzt angeordnet werden, sofern begründete Zweifel an der Dienstfähigkeit bestehen. Davon kann beispielsweise ausgegangen werden, wenn bekannt ist, dass sich der Beschäftigte zuvor in einer als gefährdetes Gebiet eingestuften Region aufgehalten hat und somit Ansteckungsrisiken ausgesetzt war.
Eine detaillierte Befragung aller Beschäftigten in Form eines Fragebogens ist hierfür allerdings nicht erforderlich. Vorzugswürdig ist es, auf die derzeit als Gebiet mit erhöhter Ansteckungsgefahr qualifizierten Länder hinzuweisen und sodann die Beschäftigten aufzufordern mitzuteilen, falls sie sich kürzlich in einem dieser Gebiete aufgehalten haben. Die Angabe des konkreten Ziels oder die Dauer des Aufenthalts ist insoweit entbehrlich.
Sollte ein Beschäftigter nach einem Arztbesuch die Rückmeldung bekommen, dass er sich mit dem Corona-Virus infiziert hat, greifen die gewöhnlichen Regeln bei Erkrankung, nämlich die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Jedoch ist es dann erforderlich, herauszufinden, mit welchen Personen der Beschäftigte innerhalb des Unternehmens oder der Behörde solchen Kontakt hatte, der eine Ansteckung begünstigt haben könnte.
Am datensparsamsten ist es dabei, den betroffenen Beschäftigten selbst um die Vorlage einer Liste von Kollegen zu bitten und diese gezielt anzusprechen. Eine unternehmens- oder behördenweite namentliche Benennung des erkrankten Beschäftigten erübrigt sich so.
Zuletzt muss eine Abwägung vorgenommen und beurteilt werden, ob Grund zur Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. In Anbetracht der Tatsache, dass die Coronaviruserkrankung mittlerweile als Pandemie eingestuft wurde, dürften Interessen des Gemeinwohls die Datenverarbeitung im Einzelfall überwiegen. Allerdings kommen auch hier die Grundsätze der Datenverarbeitung vollumfänglich zu Geltung, was auch bedeutet, dass im Sinne des Prinzips der Datensparsamkeit nur so viele Daten wie nötig erhoben werden dürfen und diese im Sinne der Speicherbegrenzung nur so lange gespeichert werden, wie sie zur Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Ein denkbarer Zeitpunkt ist das Ende etwaiger Quarantänemaßnahmen.
Das Einholen einer Einwilligungserklärung der Beschäftigten zur Legitimierung von Datenverarbeitungsvorgängen, die weiter gehen, als die oben genannten, ist nicht zulässig, da die dafür erforderliche Freiwilligkeit, also das Vorhandensein einer echten Wahlmöglichkeit, fehlt. Der Beschäftigte befindet sich in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber oder Dienstherrn. Wird die Erlaubnis, Arbeitsleistung zu erbringen, davon abhängig gemacht, dass weitergehende personenbezogene (Gesundheits-)Daten preisgegeben werden, muss sie oder er befürchten, dass dies zu finanziellen Nachteilen in Form von unbezahlter Freistellung vom Dienst führen kann.