Ich weiß wo du letzten Donnerstag gewesen bist! Heimliche Ortung der Beschäftigten durch Arbeitgeber
© tumisu / pixabay.com
Navigationsgeräte sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Das müßige Kartenlesen während der Fahrt und das Erfragen von Wegen in der Innenstadt gehören längst der Vergangenheit an. Viele Fahrzeuge und Smartphones ermöglichen es heute mittels Global Positioning System (GPS) Wege schnell und einfach zu finden.
Doch während GPS sowohl im privaten als auch im beruflichen Leben viel Zeit und Ärger sparen kann, eröffnet es nebenbei ganz neue Kontrollmöglichkeiten. Während vor 20 Jahren nur der Fahrer selbst wusste, wo er sich gerade befand, kann mittels GPS Technik heute auch mancher Dritter an jedem Ort der Welt auf das GPS Signal zugreifen und erfahren, wann und wo sich ein Fahrzeug oder ein Smartphone befindet.
Sicherlich kann dies in einer Reihe von Fällen gut und sinnvoll sein, z.B. bei einem Unfall oder einem Unglück, jedoch greift diese neue Überwachungsmethode – wenn sie heimlich stattfindet – tief in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen ein. Bei GPS-Daten eines Gerätes handelt es sich nämlich regelmäßig um personenbezogene Daten – und die sind gesetzlich geschützt. Sobald das Gerät oder das Fahrzeug, in dem das Gerät verbaut ist, einer bestimmten Person zugeordnet werden kann, sind diese Daten ein schützenswertes Gut.
In den vergangenen Jahren wurde der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wiederholt von Beschäftigten um Hilfe gebeten, die sich mittels GPS-Technik durch den Arbeitgeber überwacht fühlten. Beschäftigte einer Feuerwehreinheit fühlten sich durch den Einbau eines GPS-Trackers, der den Standort des Fahrzeuges zu jeder Zeit an die Zentrale meldete, unter einem ständigen Beobachtungsdruck. Ebenfalls von dieser Überwachung betroffen waren Beschäftigte im Bereich der Autobahnmeisterei, deren Fahrzeuge mit GPS-Geräten versehen waren, um ihre Arbeitsleitung und Routen genauestens nachvollziehen zu können. Daneben waren wiederholt Beschäftigte, die im Außendienst arbeiten, von der Überwachung mittels GPS betroffen. Firmenfahrzeuge, die zum Teil auch zur privaten Nutzung den Beschäftigten überlassen wurden, stattete der Arbeitgeber mit GPS-Technik aus, um den Standort der Beschäftigten ohne deren Wissen ermitteln und Arbeitseinsätze einfacher planen zu können.
Während die Überwachung in der Vergangenheit hauptsächlich durch GPS Techniken in Fahrzeugen stattfand, spielt heute auch die GPS-Ortung von Smartphone eine wichtige Rolle. Das anfänglich noch begehrte Dienst-Smartphone kann so schnell zum Dauerüberwacher auf Schritt und Tritt werden, zum „Spion in der Hosentasche“. Die GPS Technik in den Smartphones erlaubt es den Beschäftigten noch genauer zu orten, als dies mit dem Fahrzeug möglich ist. Der Arbeitgeber kann aufgrund des Standortes erkennen, ob sich der Beschäftigte in einem Gebäude z.B. beim Kundengespräch oder in seinem Büro befindet oder gerade außerhalb des Gebäudes eine Pause macht. Auch eine Verknüpfung der GPS Daten des Smartphones mit den Verbindungsdaten ist denkbar, um z.B. eine unerlaubte Privatnutzung des Smartphones ermitteln zu können. Schnell wird der Beschäftigte so auch im privaten Bereich zum Überwachungsobjekt des Arbeitgebers.
Die Beschäftigtenkontrolle durch Ortungssysteme ist datenschutzrechtlich nur in sehr engen Grenzen zulässig: Der Einsatz eines GPS-Ortungssystems durch Unternehmen kann nicht auf die Einwilligung der Beschäftigten gestützt werden, da bei einer flächendeckenden Überwachung nicht von der erforderlichen Freiwilligkeit einer Einwilligung der Beschäftigten ausgegangen werden kann. Ortungssysteme, mit denen Beschäftigte dauerhaft kontrolliert werden können, sind grundsätzlich unzulässig. Beschäftigte dürfen nicht einem permanenten Kontrolldruck ausgesetzt werden, sie sind nicht „Betriebskapital“, sondern Bürger mit Rechten.
Die Erhebung personenbezogener Daten ist im Beschäftigtenverhältnis in der Regel nur zur Abwicklung des Arbeitsverhältnisses zulässig. Der Einsatz von Ortungstechnik, die gezielt der Überwachung des Verhaltens von Beschäftigten dient, kommt nur dann in Betracht, wenn begründete und klar dokumentierte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Beschäftigte eine Straftat begangen hat, die mittels der Ortungstechnik beweisbar wird. Jedoch ist auch in diesem Fall eine Kontrolle nur unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig.
Allein Vereinfachungsgründe rechtfertigen nicht den Einsatz von Ortungstechnik. Können Standortdaten etwa mittels Funk oder Telefon problemlos beim Mitarbeiter selbst abgefragt werden (Grundsatz der Direkterhebung beim Betroffenen), gestattet allein eine Zeitersparnis oder „Verwaltungsvereinfachung“ nicht den Einsatz von Ortungstechnik. Auch zu Zwecken der Zeiterfassung oder Stundenabrechnung darf Ortungstechnik nicht der Direkterhebung von Arbeitszeiten durch den Beschäftigten selbst (z.B. Stechuhr oder Stundenzettel) vorgezogen werden.
Datenschutzrechtlich unproblematisch ist hingegen, wenn die Ortung durch das System technisch etwa erst nach einem Kfz-Diebstahl oder zur Sicherheit des Beschäftigten eingesetzt wird. Andere Einsatzmöglichkeiten von GPS sind in der Logistik denkbar. Beispielsweise können Speditionen zur Warenverfolgung ihren Fuhrpark orten. Dabei darf es jedoch zu keiner Verknüpfung der Ortungsdaten mit den personenbezogenen Daten des Fahrpersonals kommen. Auswertungsfunktionen, die nur der allgemeinen persönlichen Überwachung von Beschäftigten dienen können (wie etwa Geschwindigkeitsaufzeichnungen, Dauer von Fahrtunterbrechungen etc.), sind daher zwingend technisch zu unterbinden. Ein System etwa, das darüber informiert, wenn Beschäftigte eine definierte Zone verlassen oder sich zu lange in einer solchen Zone aufhalten, würde einen permanenten Kontrolldruck erzeugen und ist daher ebenfalls unzulässig.
Eine Ortung während der erlaubten privaten Nutzung eines Kfz oder eines Smartphones ist ebenfalls unzulässig. Soll das Ortungssystem bei einem Fahrzeug z.B. auch dazu genutzt werden, ein Fahrtenbuch zu führen, ist die Erhebung von Standortdaten nicht erforderlich und technisch zu unterbinden. Eine Verwendung des Ortungssystems zum Führen eines Fahrtenbuchs ist nur durch eine ausdrückliche freiwillige Einwilligung des Beschäftigten zulässig. Da diese freiwillig erteilt werden muss, ist den Beschäftigten die Möglichkeit einzuräumen, ein tatsächliches Fahrtenbuch zu führen anstatt der Fahrzeugortung bei Privatfahrten.
Schon bei der Planung und Ausgestaltung der Systeme ist der Grundsatz der Datensparsamkeit zu verfolgen: Nur die für die betrieblichen Zwecke wirklich erforderlichen Daten, nicht die überflüssigen, sind zu erheben. Eine routinemäßige Ortung eines Fahrzeugs ist unzulässig, wenn sie unabhängig von den notwendigen Planungen erfolgt. Der Einsatz von Ortungssystemen ist nicht erforderlich, wenn der Aufenthaltsort des Beschäftigten auch direkt bei diesem (etwa durch einen Anruf) erhoben werden kann – Grundsatz der Direkterhebung.
Die Zweckbestimmung muss klar dokumentiert und gegenüber den Beschäftigten in transparenter Weise kommuniziert werden. Sie sind insbesondere über den Erhebungszweck und -umfang sowie über die Auskunftsrechte hinsichtlich der gespeicherten Daten zu informieren. Die Beschäftigten sind, etwa durch eine Benachrichtigung oder eine Leuchtanzeige am Gerät, darüber in Kenntnis zu setzen.
In den seltenen Fällen, in denen der Einsatz von GPS-Ortungssystemen datenschutzrechtlich zulässig ist, sollten bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen, folgende Punkte beachtet werden.
- Es dürfen nur die für die betrieblichen Zwecke wirklich erforderlichen Daten erhoben werden.
- Die Beschäftigten sind durch eine Benachrichtigung oder eine Leuchtanzeige am Gerät, darüber in Kenntnis zu setzten, wann eine Ortung erfolgt. Ansonsten liegt eine verbotene heimliche Überwachung der Mitarbeiter vor.
- Der Betriebsrat ist zwingend zu beteiligen.
- Es empfiehlt sich in einer Betriebsvereinbarung insbesondere festzulegen:
- Welchen Zweck der Einsatz der Ortungstechnik verfolgt und welche Daten mittels des Ortungssystems konkret erfasst werden.
- Welche Speicherfristen für die Aufbewahrung der Daten gelten.
- Welche Personen berechtigt sind, auf die Daten zu zugreifen.
- Die Beschäftigen sollten über die Auskunftsrechte hinsichtlich der gespeicherten Daten informiert werden.
- Daneben sollte in der Betriebsvereinbarung zur Transparenz gegenüber den Beschäftigten verdeutlicht werden, dass eine permanente und allgemeine Verhaltens- oder Leistungskontrolle aus datenschutz- sowie arbeitsrechtlichen Gründen unzulässig ist, da sie vom Direktionsrecht der Unternehmensleitung nicht umfasst wird.