Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln
Busse und Bahnen im öffentlichen Personennahverkehr sind inzwischen mit Videoüberwachung fast flächendeckend ausgestattet. Die tageszeitunabhängige Videoaufzeichnung wird von Verkehrsunternehmen, Verkehrsministern und Sicherheitsverantwortlichen befürwortet. Ziel ist es, dem Sicherheitsbedürfnis der Fahrgäste gerecht zu werden und Straftaten zu verhindern bzw. deren Aufklärung zu erleichtern. In der öffentlichen Debatte ist jedoch kaum wahrnehmbar, dass eine vermeintlich größere Sicherheit zu Lasten der Grundrechte, insbesondere der informationellen Selbstbestimmung und der Persönlichkeitsrechte aller geht.
In der Regel gilt für alle Verkehrsunternehmen das Bundesdatenschutzgesetz, auch wenn sie in öffentlicher Hand sind, da sie am Wettbewerb teilnehmen und daher gem. § 2 Abs. 4 Landesdatenschutzgesetz (LDSG) wie private Unternehmen behandelt werden. Die Rechtsgrundlage für eine Videoüberwachung - § 4 Bundesdatenschutzgesetz - trägt nur Videoüberwachungen, die eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen. Die Videoüberwachung ist unzulässig, wenn das schutzwürdige Interesse der Betroffenen die Gründe überwiegt, die für die Videoüberwachung sprechen. Es bedarf also weiterhin einer Abwägung im Einzelfall.
Differenzierungsansätze sind etwa die Ausgestaltung als Videobeobachtung (sog. Monitoring) oder aber als reine Aufzeichnung (sog. Black-Box-Verfahren). Elemente wie die Strecken, die Tageszeiten oder Fahrzeugbereiche, die bereits geschehenen Vorkommnisse im Umfeld oder deren Fehlen sind in die Abwägungen einzustellen ebenso wie die Möglichkeit, mehr Sicherheitspersonal einzusetzen. Videoüberwachung allein ist kein Allheilmittel. Im Einzelfall können durchaus nachvollziehbare Gründe für den Einsatz von entsprechenden Maßnahmen in bestimmten Buslinien oder Bahnen oder auch auf Bahnsteigen und in Wartezonen sprechen. Diese sind aber zu begründen und zu dokumentieren. Als Mittel der Prävention dürfte die Videoüberwachung regelmäßig kaum tauglich sein, zumal belastbare empirische Belege fehlen.
Wird eine Videoüberwachung eingeführt, ist die Mitbestimmung durch die Betriebs- oder Personalvertretung zu beachten. Hinzu treten Anforderungen an die Durchführung und Ausgestaltung einer zulässigen Videoüberwachung, insbesondere die unverzügliche Löschung der Aufzeichnung, wenn nicht ein besonderer Anlass vorliegt. Die Löschungsfrist sollte 48 Stunden nicht überschreiten. Die Notwendigkeit für eine Videoüberwachung sollte regelmäßig geprüft werden. Ziel ist es, den Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung und das Persönlichkeitsrecht der Einzelnen so gering wie möglich zu halten. Über die Videoüberwachung sind die Fahrgäste zu informieren. Die Videoüberwachung im öffentlichen Nahverkehr darf nicht zu einem Baustein für eine umfassende Überwachung der Bürgerinnen und Bürger insgesamt werden.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben im Herbst 2015 in einer Orientierungshilfe „Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln“ den datenschutzgerechten Einsatz von optisch-elektronischen Einrichtungen in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs und des länderübergreifenden schienengebundenen Regionalverkehrs nach der alten Rechtslage dargestellt und sehr differenziert bewertet. Dabei wurden auch die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen der Betreiber einbezogen. Die Aussagen insbesondere zu den Abwägungskriterien behalten auch unter der neuen Rechtslage ihre Gültigkeit.